In Kiews sonderbarster Wohnung

Gemeinsam mit ihrer Katze Marta lebt Tatjana Pika im 13. Stock in einer riesigen Plattenbausiedlung Kiews. “Mit den Figuren und Farben verarbeite ich meine eigenen Erlebnisse”, sagt die 53-Jährige. Als sie 33 Jahre alt war, wurde ihr Leberkrebs diagnostiziert. Die staatlichen Ärzte konnten ihr nicht helfen. Sie fuhr nach Moskau und ließ sich von einem Naturheiler behandeln. Sie sagt, die Heilung habe ihr Denken geändert. Die Rettung vom Krebs verarbeitet sie nun in der Kunst in ihrer Wohnung.

Tatjana Pika sagt, bei ihrer Arbeit denke sie oft an ihre Kinder und an ihre zukünftigen Enkel. Sie hat eine Tochter (30) und einen Sohn (25), von ihrem Mann hat sie sich scheiden lassen. Ihre Katze Marta lebt mit ihr im Wunderwald.

Die Plattenbauhäuser im Wohngebiet von Tatjana Pika sind alle heruntergekommen. Vor ihrem Haus gibt es einen kleinen Parkplatz und einen Kiosk.

Der Kiosk direkt vor dem Haus mit Tatjana Pikas Wohnung: Pikas Nachbarn wollen die Kunst in ihrer Wohnung am liebsten weghaben. Es stört sie, dass so viele Menschen kommen und die Figuren sehen wollen.

Die Briefkästen im Hauseingang: Die unangemeldeten Besucher klingeln oft unten an allen Türen, um in das Haus zu kommen.

Selbst den Hausflur hat Tatjana Pika umgestaltet. Hinter dieser Tür beginnt ihre Wohnung.

Vor acht Jahren hat Tatjana Pika die Plattenbauwohnung gekauft und angefangen, den Flur und ihr Apartment umzugestalten.

Die Wohnung wirkt wie ein verhexter Wunderwald, ist jedoch hinter der Fassade komplett nutzbar, inklusive Bügeleisen.

Die Figuren in der gesamten Wohnung sind aus Gips oder Stein. Tatjana Pika hat sie auf Märkten gekauft oder von Freunden geschenkt bekommen. Einen Tiger beispielsweise haben ihr Freunde aus Malaysia mitgebracht.

In ihrer Küche empfängt Tatjana Pika meist ihre Gäste. Sie kocht einen sehr starken Kaffee.

Tatjana Pika sagt, eine Reiseagentur habe ihr sogar einen Vertrag angeboten. Sie wolle Touristen in ihr Haus führen und ihre Wohnung als Attraktion darstellen. Sie konnte und wollte nicht unterschreiben. Weil der Hausflur der Hausverwaltung gehört.

Wenn Tatjana Pika Gäste empfängt, sind oft Drogenabhängige, die Hilfe brauchen, dabei. Sie versucht ihnen durch Gespräche zu helfen. Einige sagen “Mama” zu ihr. Sie sagt: “In der Ukraine gibt es keine Sozialprogramme. Aber es gibt ein Sprichwort: Die slawische Seele braucht immer jemanden, der sich um sie sorgt.”

(Veröffentlicht auf ZEIT ONLINE, Bilduntertexte: André Eichhofer)

 

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