Lance Armstrong und das Ende einer Sportart

Es gab mal ein Tour-de-France-Jahr, das als Start für eine bessere, saubere Zukunft des Radsports stehen sollte. Zuvor war einer der größten Dopingskandale der Radsportgeschichte aufgeflogen, der Slogan lautete: “Tour der Erneuerung”. Das war 1999, als Lance Armstrong seinen ersten von sieben Tour-Titeln feierte.

Dreizehn Jahre später wissen wir auch offiziell: Armstrong war ein gedopter Held, ein Betrüger, der sogar andere zum Dopen gedrängt hat. In den zahlreichen Doping-Schlagzeilen der vergangenen Jahre ist diese nur eine weitere. Wer den Radsport eh schon abgeschrieben hat – und das sind die meisten Zuschauer –, sieht sich durch Armstrongs Bestrafung bestätigt. Er wird sich vom Radsport abwenden und der Tour de France entziehen, was sie am meisten braucht: Aufmerksamkeit.

Denen, die selbst im Herbst 2012 noch an den Profi-Radsport glaubten, den Optimisten, die eine Veränderung und eine “Tour der Erneuerung” immer noch für möglich hielten, gibt Armstrong den Rest.

So schlimm ist das nicht. Radfahren bleibt etwas Wunderbares, für jeden, der selbst in die Pedale tritt. Aber Radfahren als Spektakel mit Cyborg-ähnlichen Männern, deren Oberschenkel groß wie anderer Leute Bäuche sind, hat sich erledigt. Die Tour de France fährt vor ihrem hundertsten Jubiläumsjahr in die Bedeutungslosigkeit.

Armstrong gibt dem Ende lediglich ein Gesicht, er hat in dieser Entwicklung nur eine symbolische Rolle. Abgewickelt wird der Radsport von denen, die ihn erschufen: Medien und Sponsoren.

Viele TV-Sender, Online- oder Printmedien berichten kaum noch und hypen den Radsport längst nicht mehr. Erstens weil die Redakteure nicht selbst Teil des dopingverseuchten Systems sein wollen. Zweitens weil die Leser keine Lust mehr auf heldenhafte Porträts oder Dopingschlagzeilen haben.

Bleiben die Sponsoren, die bisherigen Geldgeber des großen Tamtams. Der älteste Teamsponsor, das niederländische Kreditinstitut Rabobank, hat gerade seinen Rückzug erklärt. Seit 1996 sponserte die Bank ihr Team mit bis zu 15 Millionen Euro pro Jahr. Jetzt ist Schluss.

Offenbar haben die Marketingexperten befunden, dass sich mit dem Profiradsport keine gewinnbringende PR mehr machen lässt. Die Bank begründete ihren Rückzug jedoch mit etwas anderem, mit dem entscheidenden Problem: Der Radsport wird sich in Zukunft nicht bessern.

(Veröffentlicht auf ZEIT ONLINE, wo auch die Gegenmeinung von Christian Spiller: “Es lebe der Radsport!” erschienen ist)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert